Sonntag, 28. September 2008

Wahlanalyse ohne Pfeffer, aber mit Orangen

Ja, es kostet schon ein bisschen Überwindung, die Ergebnisse der Nationalratswahlen in Österreich seriös zu analysieren. Vielleicht braucht es auch gar nicht mal so seriös zu sein…

Meine Wahlprognose war gar nicht mal so daneben. Die „Großparteien“ haben massiv an Zugkraft verloren. Zudem hat ein gewisser Herr Strache Stimmenzuwachs verbuchen können.
Doch diese Aspekte waren nicht schwer hervorzusagen. Deswegen widme ich mich großteils anderen Faktoren.

Leider haben die Grünen ein bisserl im Vergleich zur letzten Wahl verloren. Da sich die LIF wenige Tage vor der Wahl quasi selbst ein Haxel gestellt hat (ich behielt also auch mit der Prognose recht, dass die LIF den Einzug in den Nationalrat deutlich verfehlt), war die Vorstellung einer Ampel-Koalition eine unmöglich zu realisierende „Zukunftsvision“.

Die altväterische Art von Van der Bellen, und die Selbstdemontage des LIF ergaben in Summe zwei Ampellichter, von denen eines nur schwach leuchtet und das andere vom Strom genommen wurde. Faymann wirkt zu lehrbubenhaft, woran seine Präsenz im größten Kleinformat Österreichs nichts ändert. Molterer wiederum konnte mit seinem „Wunsch“, Erster zu werden, im besten Fall für ein paar Lacher sorgen. Strache polterte die üblichen Parolen.

Aber es gab eine Überraschung, die ich in meiner Prognose nicht einkalkuliert hatte. Die beschriebenen Gewinne und Verluste von Parteien folgten einer gewissen Logik, doch Herr Dr. Haider scheint plötzlich wieder über Kärnten hinausgehend Zugkraft zu haben. In Kärnten liegt die BZÖ jetzt wieder deutlich vor der SPÖ, aber dieser gesamtösterreichische eklatante Stimmenzuwachs im Vergleich zu 2006 stellt selbst den selbstherrlichen Herrn Strache in den Schatten, der in Anlehnung an einen langjährigen Mascherl-Träger der Vorstellung, als Vertreter der drittstärksten Partei im Bunde Bundeskanzler zu werden, einiges abgewinnen kann.

Insbesondere bei der „Elefantenrunde“ stellte Haider seinen „Kontrahenten“ Strache ganz klar in den Schatten. Ein möglicher Vizekanzler Strache wurde kurioserweise durch Haiders BZÖ verhindert. Rot/Schwarz unter Faymann/Pröll wird am Stillstand nur wenig ändern. Rot/Blau aber wäre zum Treppenwitz der Geschichte geworden. Herrn Dr. Haider sei Dank, dass anstatt einer politischen Langeweile und Bierzeltniveau wahrscheinlich nur die Langeweile übrig bleiben wird.

Eine Option neben den „Standardoptionen“ wurde nicht erwähnt. Zumindest habe ich darüber kein Wort gehört. Da sowohl Faymann als auch Van der Bellen mit der BZÖ nicht zusammenarbeiten können bzw. wollen (wurde jedenfalls so artikuliert), ist an eine Ampel SPÖ/GRÜNE/BZÖ kein Gedanke verschwendet worden. Tatsächlich ist der Kurs von Haider um einiges gemäßigter als jener von Strache, sodass durchaus einige Schnittpunkte zwischen den Vorstellungen dieser drei Parteien für die Zukunft Österreichs existieren mögen. Zudem hat Haider von seinen Versäumnissen der Vergangenheit gelernt, und warum sollte er bundespolitisch immer an der Kette gehalten werden?

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass meine Wahlprognose in diesem Falle weitgehend eingetroffen ist. War aber wie geschrieben keine Hexerei. Das ständige Gequassel von Strache punkto „Ausgrenzung“ holt keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Die Qual der Wahl hat wieder mal zu einer Situation geführt, die für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs alles andere als rosig ist. Es wäre sicher hilfreich gewesen, wenn nicht so viele frustrierte oder an Politik desinteressierte Menschen den Gang zur Wahl boykottiert hätten…

Sehr nachdenklich stimmt zudem, dass die FPÖ bei den jüngeren Wählern bis zum Alter von 30 Jahren die Nase vorn haben.

Quo vadis Österreich?

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