Dienstag, 30. Dezember 2008

Jahresrückblick und Jahresvorschau

Die Medien starten jetzt wieder den Großangriff auf das Jahr 2008. Ob in politischer, sportlicher oder finanzieller Hinsicht: Es gilt, das Jahr 2008 zu rekapitulieren, ohne daraus irgendwelche Schlüsse abzuleiten.

Anfangs des Jahres schrieb ich von einer zu erwartenden „Zäsur“. Tatsache ist, dass es sogar mehrere Zäsuren gab, jedoch gerade jene nicht, welche von mir erwartet wurde. Die Ereignisse überschlugen sich in manchen Wochen, andere Wochen waren vergleichsweise sehr, sehr ruhig. Und am Ende des Jahres blicke ich nicht zurück, sondern nach vorn. Das Jahr 2009 eilt im Sauseschritt heran, und ich werde nicht wieder „das Gespenst der Zäsur“ beschwören. Alles und Nichts ist möglich. Jeder Tag kann ein neuer Anfang sein. Jeder Tag bietet neue Chancen. Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar (Ingeborg Bachmann).

Meine letzten Zeilen im Jahr 2008 möchte ich Otto Pammer widmen, dem großen Gesellschaftsreporter und Produzenten, der in der Nacht auf Montag verstorben ist. Noch vor wenigen Wochen besuchten meine Freundin und ich eine Veranstaltung zu Ehren von Otto Pammer, die vom Filmarchiv organisiert worden ist. Hierbei hatte ich die Gelegenheit, Otto Pammer persönlich zu erleben, und aus seinen reichhaltigen Erinnerungen erzählen zu hören. Otto Pammer hat im Laufe seines Lebens viele Jahre als „rasender Reporter“ gearbeitet, und sozusagen in „Personalunion“ als Redakteur, Kameramann, Cutter und Regisseur agiert. Das Filmarchiv hat erst vor wenigen Monaten mit ihm die Übernahme des zeitgeschichtlichen Archivs („Fox tönende Wochenschau“) vereinbart. Hierbei handelt es sich um sehr wertvolle historische Beiträge, von denen einige anlässlich des Abends zu Ehren von Otto Pammer gezeigt wurden.

Die Relativität des Lebens zeigt sich insbesondere dann, wenn Menschen, die noch vor kurzem ihr Leben mitten unter uns bestritten, nicht mehr unter uns weilen. Ich bin dafür dankbar, diesem großen Reporter, Regisseur und Produzenten einmal persönlich begegnet zu sein.

Samstag, 20. Dezember 2008

Gedanken zum vierten Advent, Mt 6,24

Ein exklusiver Plattenvertrag für Mönche erschütterte die Pop-Industrie. Die singenden Zisterzienser vom Stift Heiligenkreuz schafften es sogar ganz nach oben in die Verkaufscharts. Dann gab es auch noch einen Auftritt zweier Beteiligter an diesem Erfolg bei Thomas Gottschalk. Aus den unglaublichen Verkaufsziffern wurde die Frage abgeleitet, ob denn die Menschen weit spiritueller sind als gemeinhin angenommen oder aber durch die Gesänge der Mönche die spirituelle Ader in Menschen erweckt werden? Tatsächlich ist es vielleicht doch nur so, dass das Marketing besonders gute Arbeit geleistet hat, und aus diesem Grunde eine kleine Euphorie rund um das Chant-Album entstand…

Singende Mönche müssen keine spirituellen Geister erwecken. Vielleicht fühlen sich religiöse Menschen, Atheisten und Agnostiker gleichermaßen von der Schönheit des Gesangs angezogen, der die Seele beruhigt, und dem Geheimnis des Lebens auf der Spur ist. Eine Sehnsucht nach Spiritualität werden nur die wenigsten Menschen abstreiten können. Spiritualität führt über den Menschen und seine Alltagsprobleme hinaus. Spiritualität ist innere Zugewandtheit zu den nicht erklärbaren Phänomenen, die Schöpfung und lebendige Wesen ermöglichte. Spirituelle Menschen sind längst aus sich selbst heraus gelangt, und bereit, inneres Wachstum zu forcieren, der nicht von Selbsterkenntnis und Selbstzufriedenheit abhängt. Das Leben ist mehr als Selbstbespiegelung und künstliches Wirtschaftswachstum. Die singenden Mönche eröffnen den Zuhörern einen Zugang zu inneren Wachstumsmöglichkeiten abseits übermäßig beschrittener Pfade. Eine Tür mag geöffnet werden, doch den Weg beschreiten müssen die Menschen selbst.

Musik kann Herzen öffnen, Musik kann tiefe Verbundenheit mit dem Leben und der Schöpfung offenbaren und signalisieren. Musik kann mehr als jede andere Kunst innere Blockaden lösen. Es müssen keineswegs singende Mönche sein. Seit zwei Jahren, als ich die Band zum ersten Mal live miterlebt habe, bin ich essenziell mit der Musik von „Klee“ verbunden. Die Leadsängerin schreibt fast alle Texte selbst, und ist für die Kompositionen verantwortlich. Texte und Kompositionen passen fast schon gespenstisch kongenial zueinander. Das äußerte sich schon im ersten Album mit dem Titelsong „Unverwundbar“.
Unglaublich, ja zum Teil überwältigend sind die Songs des zweiten Albums „jelängerjelieber“. Die innere Anteilnahme an den meisten Songs haut mich fast vom Hocker. Ich denke, dass jeder Mensch auf bestimmte Musik besonders sensibel reagiert. Warum es bei mir „Klee“ ist, warum bei – scheinbar – so vielen Menschen die Zisterzienser Mönche ist eines von vielen Rätseln, die einer Auflösung harren.

Jesus vermochte es, Menschen – mal metaphorisch ausgedrückt – mit ihrer inneren Musik in Verbindung zu bringen. Jeder Mensch kann seine eigene Saite in sich erklingen lassen, die ihn durchs Leben und immer tiefer ins Sein trägt. Die vollkommenste Harmonie, die der Mensch in sich erklingen lassen kann, lässt ihn mit Gott verwachsen. Jesus war tief mit Gott verbunden, und erhob die Beziehung des Menschen zu Gott zum wichtigsten Gut. Kein Gut, dass auf einer materiellen Basis beruht. Entweder Gott oder der Mammon. * Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Wenn der Mensch in den meisten Fällen den Mammon wählt, führt dies zu den schrecklichen Verhältnissen, wie sie nunmehr auf der Erde existieren. Hungernde, frierende Menschen. Vernichtung von Kulturen, Tierarten, Pflanzenarten. Ausbeutung und Entwürdigung von Menschen. Jesus war sich dessen bewusst, dass jeder Mensch die Wahl hat. Es liegt an jedem Einzelnen, die Konsequenzen seiner Entscheidung zu bedenken, und im Fall des Falles vielleicht zu einer anderen Wahl zu gelangen.

* „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
– Mt 6,24

Samstag, 13. Dezember 2008

Gedanken zum dritten Advent

Die Finanzkrise führt dazu, dass bei so manchem Zeitgenossen ein Nachdenkprozess begonnen hat. Von Gier ist die Rede, von „den Hals nicht vollkriegen“, von „golden handshake“, von Maßlosigkeit. Aber ist es denn so überraschend, dass der Wahnsinn regiert, und Menschen über Leichen gehen, wenn es um maximierten Eigennutz geht?

Der Turbokapitalismus hat zur Etablierung von Systemen geführt, denen enorme Bedeutung zuerkannt wurde. Die Geschäfte von Banken, Versicherungen und überhaupt multinationalen Unternehmen beruhen darauf, dass weitgehend Existenzen vernichtet werden. Überall auf der Welt arbeiten Menschen zu unmenschlichen Bedingungen, werden ausgebeutet, übervorteilt, rechtlich übergangen, um ihren Lohn betrogen. Dafür lassen sich Manager die Sonne auf den Bauch scheinen, mästen sich in Luxusrestaurants und fliegen von A nach B nach C auf fremde Kosten.

Ungerechtigkeit erwächst aus dem System heraus, das Gelderwerb von Leistung abkoppelt. Millionen Menschen schinden sich unter unerträglichen Bedingungen Tag für Tag, und können mit dem mageren Lohn ihre Existenzen nur äußerst unzureichend absichern. Auf der Butterseite des Lebens gelandete Sonnyboys spielen Monopoly mit echtem Geld, und werden dafür im Falle von Misserfolg mit ein paar Milliönchen vertröstet. Die Schere zwischen Arm und Reich geht Tag für Tag mehr auf.

In der Weihnachtszeit gibt es einige Spendenaktionen, die ein bisschen Geld für die am Rand der Gesellschaft lebenden Menschen aufbringen. Für Banken gibt es Geld im Überfluss, wenn die Finanzkrise den wirtschaftlichen Aufschwung zum Stillstand bringt. Um weiter künstlichen Wachstum zu garantieren, gibt es ein paar „Finanzspritzen“ für verarmte Banken, und dann steigen die Börsenkurse schon wieder. Was hätte Jesus dazu gesagt, dem die Bereicherung einzelner Händler auf Kosten von erniedrigten und beleidigten Menschen ein Dorn im Auge war?

Jeder Mensch auf dieser Welt hat ein Anrecht darauf, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es geht nicht darum, dass Menschen Geld anhäufen, und dann aus „Erbarmen“ einmal in der Weihnachtszeit den großen Zampano spielen. Würde nur 10 % des nunmehr den Banken zur Verfügung gestellten Geldes (bzw. des Gegenwertes) jenen Menschen gegeben, die es wirklich brauchen, wäre der Armut innerhalb weniger Jahre beizukommen. Doch die Reichen und Mächtigen bedürfen der Armen, da nur dadurch ihre Extravaganz, ihre Gier und ihre Machtansprüche beibehalten werden können. Das in die Banken gepulverte Geld kommt nicht den armen Menschen zugute, sondern fast zur Gänze jenen, die für dieses Fiasko hauptverantwortlich sind.

Für Jesus wäre Umverteilung eine Selbstverständlichkeit. Es ginge ihm nicht darum, die Verhältnisse umzukehren, sondern zurecht zu rücken. Seine Chancen, dass ihm dies heute gelänge, wenn er auf der Erde wiederkehrte, wären allerdings sehr gering. Menschen mit Visionen passen nicht in die Welt des Kapitalismus mit allen entstehenden Parametern. Jetzt wäre es an der Zeit, dass Menschen und/oder deren Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen, die über (Groß)spenden für karitative Zwecke in der Weihnachtszeit hinaus gehen. Sonst ist der Kollaps früher oder später unvermeidlich.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Gedanken zum zweiten Advent

Die Weihnachtszeit bringt viele Menschen einander wieder näher. Leider oft nur im Zusammenhang zur Auswahl der Weihnachtsgeschenke. Und es ist nicht selten ein Spießrutenlauf, wenn es darum geht, das „passende“ Geschenk zu finden…

Dabei kann es doch nicht so schwer sein, auf persönliche Vorlieben der anderen Menschen zu reagieren, und dahingehend Ideen umzusetzen. Es geht nicht darum, immens viel Geld für diverse Geschenke auszugeben. Zwar mag es Menschen geben, die sich teure Geschenke erwarten, aber ist das – um mal etwas tiefsinnig zu werden – im Sinne des „Erfinders“?

Jesus wurde schon am Tage seiner Geburt von drei Menschen besucht, die ihm Geschenke brachten. Diese Gaben waren symbolischer Natur. Es spielt keine Rolle, ob sie tatsächlich übergeben wurden oder nicht. Tatsache ist, dass jeder Mensch ein Geschenk für andere Menschen sein kann. Wer liebt, der verschenkt sich. Und wer Gott vertraut, der hat keine Angst davor, dass er nicht angenommen ist. Am Weihnachtsabend kommt es dann zu Reibereien, wenn der eigentliche Sinn des Weihnachtsfestes nicht begriffen wird, und abseits von der essenziellen Bedeutung, welche die Geburt Jesu für gläubige Menschen darstellt, nur nach der „Verwertung“ des Abends als Familienfest oder Geschenkorgie getrachtet wird.

Auf die Welt kam ein Mensch, der zu einer Persönlichkeit heranwuchs. In jedem Menschen stecken Gaben, die er nach innen und außen projizieren kann. Diese Gaben sind es auch, die ihn seinen Mitmenschen näher bringen kann. Werden diese Gaben versteckt oder war es ihm nie vergönnt, diese Gaben auszuleben, weil er das falsche Leben gelebt hat, dann wird es schwierig. Eine Persönlichkeit hat erkannt, was in ihr steckt. Sie hat verstanden, worum es im Leben geht. Sie hat aufgehört, nach Antworten auf langweilige Fragen zu suchen, die nur oberflächliche Lebensstrukturen betreffen. Jesus wuchs heran, und war schon in jungen Jahren bereit, seine Persönlichkeit in die Waagschale zu werfen. Er hat keinen „Kampf“ verloren, weil er denunziert und seinen „Feinden“ ausgeliefert wurde. Nein, er verstand sich als Sohn Gottes, der dazu berufen ist, den Menschen inneren Frieden zu bringen, und auf die Tatsache hinzuweisen, dass der Mensch tief mit Gott verwachsen ist.

Es gibt nichts Schlimmeres als die Selbsterhöhung. Jeder Mensch, der nur darauf bedacht ist, sich selbst zu erhöhen, und dabei auf die anderen Menschen, und auf die Schöpfung generell „vergisst“, sorgt dafür, dass die Verhältnisse auf dieser Welt so sind, wie sie sind. Jesus macht bewusst, dass kein Mensch sich selbst vergötzen darf. Als Ersatzmittel der Vergötzung dient oft auch das Geld, von dem alles abzuhängen scheint. Dabei ginge es für die Menschen nur darum, die eigene Persönlichkeit in die Waagschale zu werfen, ohne an irgendeinen Nutzen für das Ego – egal ob in Form von Erfolg, Karriere, Geld oder materiellen Gütern – zu denken. Der Mensch kann an seinen Aufgaben nur dann wachsen, wenn er sich selbst nicht als einzigen Nutznießer definiert. Das Leben von Jesus macht auf wunderbare Weise verständlich, was Hingabe an Gott und der Einsatz persönlicher Gaben zugunsten anderer Menschen bewirken kann.

Weihnachten kann neue Persönlichkeiten in die Welt setzen, weil Menschen damit aufhören, sich selbst zu erhöhen, und somit nicht mehr andere Menschen und die ganze Schöpfung erniedrigen.