Freitag, 27. März 2009

Disziplin - und wo bleibt das Marketing?

Nach dem Ende der diesjährigen Leipziger Buchmesse wurde ein „Nachtstudio“ im ZDF ausgestrahlt, das dem Thema „Bestseller-Boom“ gewidmet war. Hierbei wurde viel darüber gesprochen, was einen Bestseller ausmachen mag, und mit welcher Inbrunst die anwesenden AutorInnen (u.a. Julia Franck und Moritz Rinke) an ihren Romanen schreiben. Also, Disziplin ist das Gebot der Stunde, und jeden Tag muss irgendetwas für den Roman getan werden… Überhaupt sei es eine beschwerliche, langwierige Arbeit, die mindestens zwei Jahre betrieben werde, und bei der es gelte, nie die Aufmerksamkeit für Figuren und Handlungsstränge zu verlieren. Abgesehen davon, dass sicher nicht jeder Roman-Autor mindestens zwei Jahre an einem Roman schreibt, stellt sich mir auch die Frage, warum nur auf Romane als Bestseller eingegangen worden ist? In Leipzig wurden ja auch sehr viele Sachbücher und Fachbücher vorgestellt, und es ist bekannt, wie viele Nicht-Romane ganz oben in den Bestseller-Listen stehen.

Nun gut, die Sendung war durchaus informativ und interessant, aber ein nicht unwesentliches Faktum wurde völlig ausgespart: Wie kann so ein Bestseller eigentlich entstehen, und wieso wird ein Roman – oder was für ein Buch auch immer – ein Bestseller? Fällt ein Bestseller einfach vom Himmel, und die Menschen reißen sich darum, das Ding zu kaufen und es im besten Fall sogar zu lesen? Steckt da Strategie des Autors dahinter, der haarklein die weitgestreuten Interessen einer möglichen Leserschaft kennt? Nein, nein, so einfach ist die Sache ja doch nicht. Ohne Marketing kann kein noch so großartiges Stück Literatur in großen Mengen verkauft werden. Andererseits gibt es viele wunderbare Romane, die kaum Käufer finden, weil sich die Verlage kein ausuferndes Marketing leisten können. Großzügiges Marketing können ausschließlich jene Verlage betreiben, die als Konzerne organisiert sind, wobei ich jetzt keine Namen nennen will. Eine andere Möglichkeit besteht noch darin, dass der Autor / die Autorin über sehr viele Kontakte verfügt und einer oder mehrere dieser Kontakte im besten Falle weltweit die Fühler ausstreckt, und die Werbetrommel rührt, auf dass diese Botschaft weiter und weiter und weiter geht…

Ein Bestseller muss keineswegs ein großartiges Stück Literatur sein, worauf sich die Diskussionsteilnehmer einigen konnten. Wie es sein kann, dass vier Gesprächsteilnehmer und der Gastgeber kein Wort über das Thema Marketing verlieren finde ich merkwürdig. Oder ist das so selbstverständlich, dass damit kein Zuschauer gelangweilt werden soll?

Die Leipziger Buchmesse diente freilich den Verlagen und damit auch den AutorInnen als wichtige Werbefläche. Aus Sicht einer Bestseller-Autorin oder eines Bestseller-Autors vielleicht eine Binsenweisheit, auf die kein Gedanke verschwendet zu werden braucht. Allerdings kann es in Zeiten des weltweiten Netzes schon passieren, dass ein Roman durch dessen Präsenz bei Online-Buchhändlern und damit einhergehende Bekanntheit – am besten gepaart mit einer spannenden, leicht auffindbaren Thematik – eine Eigendynamik entwickelt und tatsächlich zum Bestseller aufsteigen kann. Ein gutes Beispiel hierfür ist „Das Jesus Video“ von
Andreas Eschbach, auf das ich ohne das weltweit gesponnene Netz nicht aufmerksam geworden wäre.

Dienstag, 24. März 2009

Literatur-Universum, Teil 8: Henning Mankell

Es begann damit, dass ich einen Buch-Katalog in die Hände bekam, und durchblätterte. Zum damaligen Zeitpunkt (an irgendeinem Tag Ende der 1990´er Jahre) hatte ich kein Buch in petto, sodass ich mich also auf die Suche machen musste. Ich wollte mich mit Gegenwartsliteratur auseinander setzen. Und dann tauchte also „Mittsommermord“ von Henning Mankell auf. Ich war kein großer Krimi-Leser, schaute mir viel lieber Krimis im Fernsehen an (was ich immer noch sehr gerne tue), und es war eine buchstäbliche Notlösung, mir diesen Roman zuzulegen, weil ich irgendwie keine andere Idee hatte, und mich zudem vorübergehend mit keinem weiteren Klassiker herumschlagen wollte.

Ich war von der ersten Seite an von diesem Krimi begeistert. Dieser schrullige Wallander als Hauptfigur eroberte mein Leser-Herz im Sturm. Die Geschichte erzeugte einen Sog, dem ich mich gar nicht entziehen wollte. Freilich blieb es nicht bei diesem einen Wallander-Roman. In den folgenden Monaten und Jahren las ich sämtliche Krimis mit dieser Ermittlerfigur, und kann nunmehr behaupten, dass Henning Mankell zum erweiterten Kreis meiner Lieblingsautoren zählt.

Die Auseinandersetzung mit den Autoren der Bücher, die ich lese, ist mir sehr wichtig. Ich interessiere mich für die Lebensläufe, und die Inspirationsquellen. Henning Mankell ist gut die Hälfte des Jahres in Mocambique, wo er Theaterprojekte initiiert und umsetzt. Neben seinen Wallander-Krimis gehören auch einige Afrika-Romane zu meinen Lieblingsbüchern, insbesondere „Der Chronist der Winde“ und „Das Geheimnis des Feuers“. Mankell kann als Vielschreiber bezeichnet werden, sodass ich außerstande bin, jeden seiner Romane als gelungen zu bezeichnen, wobei ich zugeben muss, keineswegs sämtliche Bücher gelesen zu haben, welche von ihm stammen. Überhaupt gibt es nur wenige Autoren und Autorinnen, wo ich bemüht bin, das Gesamtwerk zu kennen. Nun gut, mit „Der Chinese“ schuf Mankell ein Werk, das ich als schwach einstufe.

Seinerzeit hatte ich vor, eine Wallander-Fanpage im Internet einzurichten, aber da ist mir ein junger Mann zuvorgekommen. Ist aber absolut in Ordnung, so konnte ich mich auf andere Projekte konzentrieren.

Dienstag, 17. März 2009

Literatur-Universum, Teil 7: Josef Winkler

Bücher getauscht habe ich in meinem ganzen Leben erst einmal, und hierbei gelangte ich in den Besitz von „Friedhof der bitteren Orangen“. Dafür gab ich einem jungen Mann „Ariel“ von Sylvia Plath.

Es ergab sich, dass wir beide unsere Bücher nicht mehr zurückbekamen, und nunmehr also ein tatsächlicher Büchertausch als vollzogen gilt. Beide Werke tauchen in die Abgründe der menschlichen Existenz hinab, und hanteln sich durch Gegenden, in denen das Grauen herrscht. Ich nahm mir den Roman von Josef Winkler mit in den Urlaub nach Griechenland, und las ihn mit wachsendem Erstaunen.

Die Konfrontation mit Romanen und Erzählungen von Josef Winkler hat immer eine tragische Komponente an sich. Hier wird keine heile Welt erzählt, hier spielen sich Dramen ab, die sich in den Köpfen der Leser festsetzen. Es geht um Selbstmord, Leichenverbrennungen, Tod, Ängste, Missbrauch und traumatische Erfahrungen. Josef Winkler arbeitet punktgenau, und jeder Satz signalisiert eine in sich geschlossene Welt. Nichts ist dem Zufall überlassen, alles drängt in die Welt hinaus und will beschrieben sein.

Josef Winkler zählt zweifellos zu den erstaunlichsten Autoren im deutschsprachigen Raum. Seine Sprache macht Schaudern, geht weit über das hinaus, was zwischen Buchdeckeln eingezwängt ist. Die Fantasie des Lesers kann sich in Gebiete vorarbeiten, wo der Wahnsinn regiert. Positive Erkenntnisse stellen sich dann ein, wenn die Geschichten nicht dazu verführen, zu tief in die Abgründe von tragischen Lebensentwürfen hineingezogen zu werden.

Ich habe neben „Friedhof der bitteren Orangen“ nur wenige Romane von Josef Winkler gelesen. Der Drang, das Buch zuzuklappen, und die Lektüre abzubrechen, war und ist nie so stark wie bei Romanen von Josef Winkler. Es ist teilweise schwer auszuhalten, doch es kann ein Gewinn sein. Jeder Leser mag seinen eigenen Zugang zu diesem Autor finden.

Montag, 9. März 2009

Literatur-Universum, Teil 6: Stephen King

Meine Jugendjahre als Leser waren weitgehend von Romanen bestimmt, die ein gewisser Stephen King geschrieben hatte. Es kommt mir heute sogar so vor, als hätte ich damals außer diesen Horror-Schinken nichts anderes gelesen. Nach einer Pause von vielen Jahren las ich als reiferer Leser dann noch „Das Lesen und das Schreiben“, eine Lektüre, die ich mit besonderem Interesse in mich aufsog. Sozusagen zum Drüberstreuen folgte dann noch der Roman „Das Mädchen“.

Stephen King ist nicht von ungefähr der „König des Horrors“. Und ich betrachte seine Werke weitgehend als literarisch wertvoll. Aber irgendwann führten meine Pfade als Leser weit weg von Horror-Literatur, wie sie Stephen King so meisterhaft beherrscht. Ich wendete mich Bram Stoker und Mary Shelley zu, las also Klassiker. Aber vergessen werde ich die Romane von Stephen King nie, möglicherweise sogar irgendwann wieder ausgraben, und ein weiteres Mal lesen.

Von besonderer Qualität ist King´s „Es“. Er beschreibt die Lebensläufe von jungen Menschen, und verwebt diese kunstvoll mit deren späteren Leben als Erwachsene in den mittleren Jahren. Der gemeinsame Kampf gegen „Es“ hat mich viele Stunden in seinen Bann gezogen. Stotter-Bill ist eine der tragischsten Figuren, denen ich in Romanen begegnet bin. Ich habe „Es“ im Alter von 17 Jahren gelesen, und ich kann mich noch gut erinnern, die Lektüre für einige Wochen unterbrochen zu haben. Doch ich begann nach der längeren Pause nicht nochmals von vorn zu lesen, was ich bei einigen anderen Romanen durchaus getan hatte. Die Unterbrechung muss mir gut getan haben, denn ich war sehr schnell wieder mitten im Geschehen.

Die Verfilmungen der Bücher von Stephen King finde ich zum Teil auch sehr gut gelungen.
Insbesondere „Shining“, „Carrie“ und „Sie“. Enttäuscht bin ich von der filmischen Adaption von „Es“, wenngleich es durchaus einige gute Szenen zu bestaunen gibt.

Wenn mich wer fragen würde, welches Buch mich als junger Mensch besonders fasziniert hat, so würde ich getrost und wie aus der Pistole geschossen mit „Es“ antworten.

Montag, 2. März 2009

Literatur-Universum, Teil 5: Titus Müller

Die nachhaltigste Beziehung zu einem Autor verbindet mich mit Titus Müller. Ich lernte ihn anlässlich eines Autoren-Seminars kennen, das er selbst im Jahr 2000 initiiert hatte. Ein Jahr später zog es mich noch einmal nach Berlin. Wichtige Persönlichkeiten der Literatur-Szene wie Andreas Eschbach, Sandra Uschtrin, und Horst Bosetzky waren Referenten des erwähnten Seminars. Titus Müller erzählte damals davon, dass er mit einer Literaturagentur in Verbindung sei. Nur wenig später hat es mit der Veröffentlichung seines ersten Romans geklappt. Die Zusammenarbeit mit der Literaturagentur hatte sich also gelohnt.

Das besondere Verhältnis zu Titus Müller erklärt sich dadurch, dass er für eine kurze Zeit einen Verlag für E-books führte, und in diesem Rahmen meine Erzählung „Nennt mich Sebastian, den Erwachten“ erschien. Titus Müller hat meinen Text persönlich lektoriert. Hierbei wurde der Gesamtausdruck des Typoskripts mehrmals zwischen Deutschland und Österreich hin und her geschickt. Durch die Korrekturen von Titus gewann die Erzählung zweifellos an Dichte und Potenzial, wobei ich jedoch nicht jede einzelne Korrektur befürwortete. Es war also eine für beide Seiten interessante Erfahrung.

Ich verfolge nunmehr natürlich die Entwicklung von Titus Müller als Autor, schaue mir seine Sendungen als Moderator von „Auserlesen“ an, muss aber zugestehen, erst einen Roman des Autors gelesen zu haben. Der Grund hierfür ist recht einfach: Ich lese normalerweise keine historischen Romane. Die Ausnahme von der Regel ist „Die Todgeweihte“, wobei es der Zufall wollte, dass dieser Roman von meiner Freundin anlässlich eines Einkaufsbummels in der Weihnachtszeit entdeckt wurde. Ich habe „Die Todgeweihte“ gerne gelesen, was hauptsächlich damit zusammenhängt, dass die Hintergründe reale Ereignisse in Basel im 14. Jahrhundert widerspiegeln. Die Pest raffte damals unzählige Menschen dahin, und die Juden wurden als Sündenböcke hingestellt. Titus Müller schafft es sehr gut, die Atmosphäre dieser Zeit darzustellen. Die Dreiecks-Liebesgeschichte finde ich weniger gelungen, was aber keine so große Rolle spielt.