Dienstag, 2. September 2008

Schulbeginn

Gestern hat in Wien wieder mal die Schulsaison für zahlreiche junge Menschen begonnen. Einige tausend in Österreich lebende Erdenbürger haben den allerersten Schultag hinter sich gebracht. Ein Zufall brachte es mit sich, dass ich gegen zehn Uhr vormittags einigen Kindern mit Schultüten begegnete, welche teilweise sogar von beiden Elternteilen begleitet waren.

Hervorstechend eine mickrige Schultüte im Besitz eines Knaben, dessen Mutter sich in hochhackigen Markenschuhen vorwärts quälte. Der Knabe machte keinen glücklichen Eindruck, dafür knickte Madame bei fast jedem Schritt ein. Oh, wie werden sich da die Muskeln freuen!

Was aber wird die Mädchen und Knaben erwarten, die erst gestern in das Schulleben eintraten? Hat die Lehrerin oder der Lehrer auch auf ihre Tafel gleich in der ersten Stunde geschrieben: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!“ Wäre schön, wenn es wahr wäre. Aber was heißt Leben? In erster Linie, worüber die kleinen Menschen glücklicherweise noch nicht ausreichend Bescheid wissen, Erwerbsarbeitsleben. Die Arbeitsgesellschaft wird frühestens in 9, spätestens in vielleicht 20 Jahren in den meisten Fällen ihren Tribut von ihnen fordern. Dann werden sie vielleicht einmal genug Geld haben, um der Gattin Markenschuhe oder dem Ehemann eine goldene Krawattennadel zu schenken! Sind das nicht fantastische Aussichten?

Das Leben besteht nicht nur aus Erwerbsarbeit, aber darauf werden die jungen Menschen tatsächlich über Jahre vorbereitet. Schließlich bedarf es dem Gelderwerb, um überhaupt über die Runden kommen zu können. Leistung hat aber mit der Höhe des Einkommens schon lange nichts mehr zu tun, wenngleich es auch in diesem Zusammenhang noch Ausnahmen geben mag. Und der beste Schüler kann später auf der ganzen Linie – scheinbar – „scheitern“, wenn er nicht die richtigen Freunde hat, und Bedacht darauf legt, Seilschaften aufzubauen. Der schlechteste Schüler aber kann voll durchstarten, wenn das Gegenteil der Fall ist oder überhaupt der Papa oder (im Sinne der Gleichberechtigung) die Mama alles richten wird.

Die jungen Menschen lernen nur wenig von der Realität, wie sie auf der Welt nun mal gegeben ist. Sie werden nur darauf hin „geschult“, sich anzupassen, und die geltenden Regeln einzuhalten. Das Ergebnis ist bekannt: Die Arbeitsgesellschaft mit ihren Regeln bestimmt für die meisten Menschen ihr Leben. Aber muss das sein? Wäre doch toll, wenn die Schülerinnen und Schüler tatsächlich für das Leben lernen könnten! Für ein Leben, das nicht nur darauf ausgerichtet ist, in die Position zu kommen, ein zahlungskräftiger Konsument zu sein.

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