Freitag, 29. August 2008

Das nahende Ende der Nuller-Jahre

Wer in Wien in der Innenstadt unterwegs ist, kann in vielen Geschäften bereits Kalender des Jahres 2009 erwerben. 2009 wird das letzte Jahr der sogenannten Nuller-Jahre sein. Ein bekannter Radiosender kündigt sein Programm – noch – mit den absurden Worten an:
„Die besten Hits der 80´er, 90´er und von heute.“ Für die Nuller-Jahre hat der Sender also keinen Begriff bzw. will nicht auf das Naheliegende zugreifen. Tatsächlich sind die Nuller-Jahre insbesondere aus österreichischer Sicht sehr mager verlaufen.

Natürlich ist Österreich nach wie vor eines der reichsten Länder der Welt. Doch das Zustandekommen einer rechtskonservativen Regierung mit extremen rechten Ausläufern betrieb sechs Jahre lang eine menschenverachtende Politik, die nur Unternehmern und „erfolgreichen“ Eigendarstellern etwas für das Säckel gebracht hat. Die Schere zwischen Arm und Reich ging weiter auf, prekäre Jobs wuchsen wie die Schwammerln, Unternehmensgewinne detto und von einer Lohnerhöhung bekamen nur Mitarbeiter der Industrie und staatsnaher Betriebe etwas mit. Eine Politik zum Vergessen, deren „Wirkungen“ bis heute und darüber hinaus spürbar sind.

Durch einen „Gewinn“ der Wahl mit hauchdünnem Vorsprung war es einem gewissen Herrn Gusenbauer möglich, sich zum Kanzler zu küren. Das wollte die Gegenseite nicht auf sich sitzen lassen, und blockierte jede mögliche Innovation in welche Richtung auch immer. Nach sechs Jahren unerträglicher „Regierungsarbeit“ folgten zwei Jahre des nahezu völligen Stillstands. Die Nuller-Jahre mögen den meisten Österreicherinnen und Österreichern in diesem Kontext sauer aufstoßen. Auch vom Jahr 2009 kann nicht wirklich viel erwartet werden. Somit werden die Nuller-Jahre in realpolitischer Hinsicht als salto nullo in Erinnerung bleiben. Die Behauptungen diverser Minister und Regierungsmitglieder, es habe einen „Fortschritt“ gegeben sind ebenso absurd wie die ständig auftauchenden Statistiken über die Arbeitslosenzahlen.

Sind diese Nuller-Jahre verflucht? Ich persönlich kann auch nicht behaupten, besonders verwöhnt worden zu sein. Klarerweise sollte die Lebenssituation nicht mit dem Leben verwechselt werden. Dennoch ist es wenig erbaulich, Erfahrungen zu machen, die das frühere Weltbild stark relativieren. War früher alles besser, also in den berühmten 70´er, 80´er und 90´er Jahren? Würde ich nicht unterschreiben, aber das jetzt „etablierte“ Gesellschaftsklima scheint nur mehr von der Sorge um oder den Verlust des Arbeitsplatzes bestimmt zu sein. Die Arbeitsgesellschaft hat in den Nuller-Jahren enorm an Zugkraft gewonnen. Das Erwerbsarbeit mit Leistung nicht in direktem Verhältnis steht sollte den meisten Menschen bewusst sein. Warum also nicht die Idee verwirklichen und ein Grundeinkommen einführen? Oder der ehrenamtlichen Arbeit endlich jene Bedeutung zuerkennen, die sie verdient?

Was wird der Radiosender ab dem Jahr 2010 verkünden? „Die besten Hits der 80´er, 90´er, der letzten 10 Jahre und von heute!“ (?) Die „Vordenker“ werden sich etwas überlegen müssen. Und der Stehsatz „XX bei der Arbeit“, der suggeriert, es wäre hauptsächlich die erwerbstätige Bevölkerung, die den „Hits“ zuhören mag, ist auch schon Schnee von gestern. Welche Arbeitnehmer - außer einer kleinen Minderheit - hat Zeit und Muse, jeden Tag dem Kaffeeklatsch dieses Radiosenders zuzuhören?

Also, es ist keineswegs „traurig“, dass die Nuller-Jahre, von denen kaum mal wer öffentlich gesprochen hat, bald dem Ende zugehen. Vielleicht geht es danach aufwärts. Nicht nur für Österreich, sondern weltweit. Denn was die meisten Menschen der Entwicklungs- und Schwellenländer in diesen Nuller-Jahren mitmachen mussten und müssen, darüber könnten ein paar Tausend Romane geschrieben werden, die Unfassbares darstellen…

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