Sonntag, 24. August 2008

Olympia-Tagebuch, Teil 4: Resümee

Sehr viel ist im Vorfeld über die olympischen Spiele in Peking berichtet worden, und jetzt, wo die Veranstaltung zu Ende gegangen ist, ist es nicht allzu schwer, ein Resümee zu ziehen.

In sportlicher Hinsicht gab es eine Menge Rekorde. Allen voran Usain Bolt, der über die 100 Meter und die 200 Meter laufend Fabel-Weltrekorde aufstellte. Die 100 Meter-Zeit war weniger verwunderlich als die Verbesserung des Weltrekordes von Michael Johnson über die 200 Meter, welche der US-Amerikaner direkt im „Vogelnest“ mitbekam. Usain Bolt ist ein Läufertyp, der – scheinbar – eine unübliche Athletik aufweist, und wohl gerade deswegen als läuferisches Phänomen gelten mag.

Michael Phelps, der schwimmende Hüne, gewann acht Mal Gold, und übertraf also die Medaillenanzahl von Mark Spitz. Im Schwimmen sind aufgrund der Vielzahl der Wettbewerbe mehr Medaillen möglich als in anderen Sportarten. Dennoch ist die Leistung von Michael Phelps auch als überragend zu bezeichnen. Ein Vergleich mit Mark Spitz ist jedoch nicht wirklich angebracht, da sich die Zeiten geändert haben, und so manche Schwimmdisziplin zu Spitz Zeiten noch gar nicht ausgetragen wurde… Nun gut, Phelps kann sich über eine Million Dollar Gage freuen, wobei er seinen Staffelkameraden einen Teil von diesem Geld abgeben mag…

Es war wieder mal ein besonderer Genuss, die Kommentare von Siggi Bergmann zu den Box-Wettkämpfen zu hören. Nicht nur im Boxring, auch bei anderen Kampfsportarten und einigen anderen Bewerben, wo Kampfrichter Bewertungen abgeben, wurden zu einem beträchtlichen Teil fragwürdige Entscheidungen gefällt.

Ein Niederösterreicher gilt nun als stärkster Mann der Welt, und er hat dieses Attribut als „Deutscher“ errungen. Spielt aber keine Rolle, denn entscheidend ist, dass der Mann wohl mehr als viele andere Athleten mit voller Kraft und letztem Einsatz bereit war, diese Medaille zu holen, die er seiner Frau versprochen hatte… Er präsentierte die Medaille gemeinsam mit einem Foto seiner an den Folgen eines Autounfalls verstorbenen Frau.

Aus österreichischer Sicht haben sicher einige Sportlerinnen und Sportler enttäuscht. Drei Medaillen sind nicht unbedingt eine enorme Ausbeute, und dann nicht mal eine einzige aus Gold. Doch spielt das irgendeine Rolle im Weltgeschehen? Ich habe mit ungezügelter Freude die Wettbewerbe verfolgt – egal, ob Österreich eine Rolle spielte oder nicht. Wobei der vierte Platz im Teambewerb der Männer im Tischtennis wohl als herausragendste Leistung bezeichnet werden kann. Es war nur der schlechten Auslosung zu „verdanken“, dass es zu keiner Medaille reichen konnte. Dennoch fantastisch, insbesondere Robert Gardos zuzusehen, der den Ex-Weltmeister besiegte.

Abseits vom Sport wurde viel Theater veranstaltet. Die Menschenrechts-Situation in China kam nie in den Fokus der Berichterstattung, und einige Tibet-Aktivisten verschwanden schnell von der Bildfläche. Jedoch ist diesbezüglich China nicht der einzige Staat, der sich allerlei Menschenrechts-Verletzungen schuldig macht. Zweifellos ist China in punkto Todesstrafe „Vorreiter“, und Kinderarbeit ist weit verbreitet. Doch gilt es, die grundlegenden in vielen Ländern auf der Welt vorherrschenden „Gesellschafts-Regeln“ zu hinterfragen. Die Globalisierung fordert viel mehr Opfer als „Gewinner“. Und der Neoliberalismus ist insgeheim längst als gescheitert zu betrachten, außer seine Aufgabe besteht ausschließlich und zielgerichtet darin, die Schere zwischen Arm und Reich ständig größer zu machen.

In Peking stand – und das zu Recht – der Sport im Mittelpunkt. Und zwei Aspekte sind zu beachten: Um dieses Event überhaupt zu ermöglichen, war enorm viel Vorarbeit notwendig, die auch Menschenleben kostete (zu Tode gekommene Arbeiter am „Vogelnest“), und unglaublich viel Geld verschlang. Zudem war eine große Menge ehrenamtlicher Helfer bereit, diese olympischen Spiele mit unermüdlichem Einsatz zu unterstützen. Ehrenamtliche Helfer, die kaum Geld sahen, während so mancher Sportler mächtig abkassierte. Auch hier zeigt sich also buchstäblich die „Kehrseite der Medaille“.

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