Dienstag, 27. Januar 2009

John Updike





Seine Rabbit-Romane gehören zum literarisch anspruchsvollsten, das ich je gelesen habe. Nach dem ersten Band ist es ein Ding der Unmöglichkeit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Es muss weitergehen, es muss der nächste Schritt gegangen sein. Und als dann viele Jahre nach dem vierten Roman noch ein fünfter erschien, verabschiedete sich Harry auf spektakuläre Weise.

John Updike galt viele Jahre als Anwärter auf den Literatur-Nobelpreis und er hätte ihn sich redlich verdient. Er brach mit seinen Romanen einige Tabus, insbesondere überschritt er Grenzen sexueller Darstellung. Doch er tat dies nie auf obszöne Weise. Er ließ seine Leser am Leben von Menschen teilhaben, die zwar irgendwo in den U.S.A. leben mochten, jedoch genauso in Buxtehude oder Unterstinkenbrunn vorstellbar sind. Natürlich brachte es Harry zu einem gewissen Reichtum, genoss diesen aber nicht wirklich. Innere Befindlichkeiten haben mit äußerer Absicherung nichts zu schaffen. Und so hat also auch Harry sein Päckchen zu tragen, und wir Leser können ihm dabei über die Schulter schauen.

John Updike schrieb eine ungewöhnliche Autobiographie, die in deutscher Übersetzung mit
„Selbst-Bewusstsein“ betitelt ist. Er ermöglichte seinen Lesern Einblicke in das Leben eines Autors, der auch nur ein Mensch ist.

Harry Angstrom ist – und mit dieser Meinung stehe ich sicher nicht alleine da – eine der erstaunlichsten Figuren der Literaturgeschichte. Ein Mensch mit Ecken und Kanten, der über eine lange Strecke seines Lebens und insgesamt fünf Romane lang entdeckt werden kann. Dennoch wird kein Leser sagen können, was von Harry zu halten ist. Denn er ist – richtig – ein Mensch, und kein Mensch lässt sich auf einen Punkt zusammenfassen, lässt sich auf eine Wand projizieren und objektiv verwerten. Harry Angstrom hat Schwächen und Stärken, die nicht verallgemeinert werden können. Jeder Mensch ist einzigartig, und bekanntlich würde jedes Menschenleben ganze Bücher füllen. Mit Harry Angstrom füllt eine erfundene Figur, die jedoch durchaus irgendwo auf der Welt schon existiert haben wird, existiert oder existieren wird, fünf Romane, und wir Leser dürfen dafür dankbar sein.

John Updike verstarb im Alter von 76 Jahren an den Folgen von Lungenkrebs. Mit Harry Angstrom hat er eine Figur geschaffen, über die sich noch viele Generationen von Lesern freuen und ärgern werden.

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