Freitag, 24. Oktober 2008

Qualitätsfernsehen

Elke Heidenreich ist ihren Job beim ZDF los. Sie hat über eine Zeitung kundgetan, dass es sie nicht stören würde, rausgeschmissen zu werden, und da ließ sich das ZDF nicht lumpen. Die Dame hat sich „geschämt“, für diesen Sender zu arbeiten. Aufgefallen ist es ihr aber erst, als Herr Reich-Ranicki gleich einen Rundumschlag gegen das Fernsehen machte.

Frau Heidenreich hat zudem Thomas Gottschalk verbal attackiert, was wiederum Herrn Reich-Ranicki dazu veranlasste, seinen neuen Duz-Freund Thomas Gottschalk zu verteidigen.

Ich muss zugestehen, schon längere Zeit die Sendung „Lesen“ boykottiert zu haben. Elke Heidenreich hat einen Vertrag mit Random house geschlossen, und dient sich nun also diesem Mega-Konzern an, der mit Vorliebe kleinere bis mittlere Verlage schluckt. Die Autorin, Büchernärrin und Opern-Liebhaberin kritisiert das ZDF schärfstens, und ist sich nicht zu schade, mit Random house zusammen zu arbeiten, wo nicht unbedingt ausschließlich wertvolle, qualitativ hochwertige Literatur verlegt wird.

Nunmehr breche ich eine Lanze für das ZDF. Wer sich nämlich ein bisschen mit dem Programm auseinandersetzt, das vom ZDF ausgestrahlt wird, den wird es wundern, wie es sein kann, dass irgendein Mitarbeiter diese Sendeanstalt nur widerwillig als Arbeitgeber ansieht.

Fast jeden Montag zeigt das ZDF oft ausgezeichnete Erstausstrahlungen von deutschsprachigen Filmen. Erst diese Woche etwa „Ein riskantes Spiel“; einen Spielfilm, der von Freundschaft bis in den Tod handelt, und das Prädikat besonders wertvoll verdient. Ebenfalls am Montag werden immer wieder in der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ hervorragende Filme (oft mit dokumentarischem Charakter) gezeigt.

„Das philosophische Quartett“, und das „Nachtstudio“ sind zwei Beispiele für ausgezeichnete Diskussionskultur im Fernsehen. Wenn ich etwa an die Sendung rund um Franz Kafka zurückdenke, einfach fantastisch!

„Aktenzeichen XY“ hat einen Stellenwert, den so mancher TV-Konsument in Frage stellen mag, doch diese Sendung sorgt durch das Zeigen von kriminellen Taten dafür, dass nicht wenige der Verbrechen durch Mitarbeit von Zuschauern aufgeklärt werden, und außerdem mag es passieren, dass einige der TV-Konsumenten aufmerksamer sind, wenn sie mit einer realen Situation konfrontiert werden, die an ein Verbrechen oder ein beabsichtigtes Verbrechen denken lässt.

Krimis gibt es noch und nöcher, keine Frage… Und nicht jede Krimi-Serie ist das Gelbe vom Ei. Jedoch sind es nicht nur die Zugpferde „Ein Fall für Zwei“ und „Der Alte“, welche für (im Falle von „Der Alte“ wieder) Qualität garantieren. „Der Kriminalist“ und „Kommissar Stolberg“ zeigen ausgezeichnete Schauspieler in titelgebenden Rollen, deren Persönlichkeitsstrukturen verschiedener nicht sein können, und gerade deswegen zu brillieren vermögen. Mit „Kommissarin Lucas“ und „Bella Block“ ermitteln zudem zwei Frauen (vielleicht etwas zu selten), deren Rollenträgerinnen zur Creme de la creme der deutschsprachigen Schauspielkunst zählen. Und nicht zu vergessen, dass sich das ZDF mit „Kommissarin Lund“ die Rechte für ein ungewöhnliches Krimi-Serien-Konzept aus Dänemark gesichert hat!

Vom Zugpferd „Wetten…dass?“ brauche ich gar nicht groß zu schreiben, auch wenn sich Frau Heidenreich mit dieser Show, die zweifellos in den letzten Jahren an Qualität eingebüsst hat, und dennoch im Vergleich zu anderen Shows immer noch wie ein Fels in der Brandung steht, nicht anfreunden kann.

Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Genau das hat Elke Heidenreich getan, und nachvollziehen kann sie das wohl nur für sich selbst. Denn dass das ZDF keine Sendeanstalt ist, die nur Schrott zeigt, steht fest. Das auch im ZDF Sendungen laufen, die nicht unbedingt supergut sind, ist auch klar. Schade finde ich es zudem, dass sich die Verantwortlichen des ZDF schon seit einigen Jahren nicht dazu aufraffen, Episoden von „Derrick“ zu wiederholen (gerade jene aus den 1970´er und frühen 1980´er Jahren wären insbesondere für das jüngere Publikum interessant!). Dennoch ist der Rundumschlag von Frau Heidenreich völlig überzogen, und ihre Kündigung seitens des ZDF verständlich.

Thomas Gottschalk und Marcel Reich-Ranicki wissen, wovon sie sprechen. Dem älteren Herrn sitzt manchmal vielleicht zu sehr der Schalk im Nacken, und er übertreibt ziemlich. Andererseits hat er wahrscheinlich gar nicht genug Zeit, um sich genauer dem Fernsehprogramm zu widmen. Für Elke Heidenreich sollte das Programm des ZDF jedoch nicht unbekannt sein. Ja, selbst im ZDF wird durchaus Qualitätsfernsehen gezeigt! Und ein Weilchen dachte ich sogar, dass das – freilich mit Abstrichen – auf die Sendung „Lesen“ zutrifft…

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