Donnerstag, 20. Dezember 2007

Atheismusdebatte im "neuen Club 2"

In der zweiten Ausgabe des „neuen Club 2“ ging es ein paar Tage vor Weihnachten um den angeblichen Atheismus-Boom, der von einem merkwürdigen Evolutionsbiologen manifestiert worden sein soll. Ich mache an dieser Stelle freilich keine Werbung für ein pseudowissenschaftliches Buch, das ohnehin die Bestseller-Listen hinaufgeklettert ist. Mich beschäftigt vielmehr die Frage, wie es möglich sein kann, dass ein solcher Schwachsinn zudem auch noch Hauptanlass für eine Diskussionssendung im ORF sein kann?

Angeschaut habe ich mir diesen farblosen Klon einer einst fantastischen Talk-Runde wegen eines Teilnehmers, der von einem Obdachlosen Pfaffenheini genannt worden ist, und sich seitdem selbst so nennt. Gegen die ihm gegenübersitzenden drei Atheisten hatte er kaum Chancen, zu Wort zu kommen, wie überhaupt die Glaubensfraktion weit weniger Sendezeit in Anspruch nahm als die Gegenseite. Doch was er sagte, das saß. Für mich nichts Neues, weil der Pfaffenheini für ungewöhnliche Anschauungen gut ist. Gleichzeitig ist es die manifeste Widersprüchlichkeit, die seine Persönlichkeit interessant macht. Das hat dazu geführt, dass ich seine HP genau unter die Lupe genommen, und viel Spannendes gefunden habe (www.pfaffenheini.net). Er verteidigt seinen Glauben nicht mit Pauken und Trompeten, sondern belegt durch seine persönliche Geschichte, seine Erkenntnisse und seinen Zugang zu den wichtigsten Fragen des Lebens die Gründe für seine Entscheidung, den Beruf des Geistlichen und Seelsorgers gewählt zu haben.

Die Diskussion rund um den Atheismus führte zu einer merkwürdigen Situation. Zwei der drei „praktizierenden“ Atheisten provozierten und minimierten die Glaubensbasis der Gegenseite, was zu einigen Wortgefechten führte. Nur ein sich selbst als „agnostischen Atheisten“ bezeichnender Philosoph vermochte, mit seinen Worten ein wenig zu beschwichtigen. Ein Diskussions“krieg“ zwischen Glaubenden und Atheisten konnte auch nicht Sinn der Sache sein.

Was am Ende für ein Resümee zu ziehen ist, weiß ich nicht. Der als Moderator reichlich ungeeignete Michael Köhlmeier brach die Diskussion zudem zu einem Zeitpunkt ab, wo sie gerade erst so richtig begonnen hatte. Mit „open end“ wie in guten alten Zeiten will sich dieses Sendeformat also erst gar nicht schmücken. Immerhin wurde durch diese sehr kontrovers geführte Diskussion vielleicht so manchem Zuschauer bewusst, wie eindimensional die „Hintergründigkeit“ des Atheismus sich darstellen kann. Und dann den Gläubigen der Runde ins Gesicht zu werfen, dass deren Weltsicht ziemlich beschränkt sei, entspricht einer beträchtlichen Beleidigung, die von Köhlmeier in keinster Weise relativiert wurde. So mussten sich zwei Seelsorger mit einer Dame abmühen, deren Ansinnen es war und ist, kuriose Gedankenspielchen auszutragen.

Es wäre eine gute Idee gewesen, noch vor Weihnachten eine zweite Runde zu bestreiten, in der es nicht um Atheismus, sondern den Glauben an Gott geht. Vielleicht hätte sich die Sache dann umgedreht, und die Gläubigen hätten mehr Wortmeldungen zugestanden bekommen. Zwar können gläubige Menschen durchaus über Atheismus reden – doch eigentlich ist das nur eine Chiffre, die längst im Inneren keinen Platz mehr hat. So wird diese Diskussion als einseitige Themenverfehlung in die Geschichte eingehen. Denn was spricht dagegen, in einer Sendung über den „Atheismus-Boom“ auch über Glaubensdinge zu sprechen, und den Gläubigen nicht ständig ins Wort zu fallen, weil es ja so ungemein konstruktiv ist, atheistische „Erkenntnisse“ als logische Konsequenzen rationalen Denkens zu beschreiben?

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